Windkraft – dezentral, kommunal und bürgernah

Zum HNA-Bericht HNA_20160106-Nicht nur Pacht ist wichtig vom 06.01.2016

Detlef Stys von Hessen-Forst bestätigt in allen Punkten die Kritik, die die WEG an der derzeitigen Vergabepraxis des Landesbetriebs übt.

  • „Der Landesbetrieb könne seine Flächen nur zum vollen Wert abgeben.“ Die Gewinnmaximierung ist demnach oberstes Ziel auf Landesebene, führt aber dazu, dass vor Ort, wo die Bürger mit den Anlagen leben, kein Nutzen daraus gezogen werden kann.
  • „Ob der Interessent den Windpark nur aufbauen oder selbst betreiben wolle, sei letztlich seine Entscheidung.“ Seit Jahren wird immer wieder deutlich, dass das Risiko eines unseriös gerechneten Unternehmens höher ist, wenn Projektierer bauen und anschließend meistbietend verkaufen. Demgegenüber gibt es (wenige) Projektierungsgesellschaften, die von vornherein ihr langfristiges Interesse bekunden und sich auch verbindlich darauf einlassen. Es leuchtet ein, dass ein solches Projekt von Anfang an auf langfristigen Bestand, nicht auf kurzfristigen Gewinn kalkuliert ist. Es wäre ein leichtes für den Verpächter Hessen-Forst, dies als verbindlichen Bestandteil in einen Vertrag zu übernehmen!
  • „Die Form der geplanten Bürgerbeteiligung… werde bei der Entscheidung für einen Bieter berücksichtigt.“ Leider reicht bislang ein wenig Prosa und Absichtserklärung in der Bewerbung aus, um aus Sicht von Hessen-Forst dieses Kriterium zu erfüllen – obwohl auch hier verbindliche Festlegungen möglich sind bis hin zu Vorvereinbarungen mit den hiesigen Energiegenossenschaften.
  • „Wünschenswert sei auch ein Betreibersitz vor Ort, damit die Gemeinde steuerliche Vorteile hat.“ Zwar werden auch jetzt schon 70% der Gewerbesteuer am Standort der Anlagen fällig, doch ist es für gutwillige Bewerber kein Problem, durch Ansiedlung der Betreibergesellschaft am Standort auch die restlichen 30% dort zu entrichten. Auch dafür sind – unter Einbeziehung aller betroffenen Gemeinden – verbindliche Aussagen in einem Pachtvertrag machbar – und nicht nur „wünschenswert“!
  • „Die Pacht spielt für die Wirtschaftlichkeit der Anlage eine untergeordnete Rolle.“ Diese erstaunliche Aussage hält der Realität nicht stand. Die Pachtzahlungen bestehen heute üblicherweise aus einem Basisanteil und einer gewinnabhängigen Zahlung. Ersterer wird in jedem Fall jährlich fällig, also auch wenn das Unternehmen minus macht. Der gewinnabhängige Anteil ist die Ursache dafür, dass die Aussagen über Pachtzahlungen extrem weit auseinandergehen. Dies hat sehr wohl deutliche Auswirkungen auf die langfristige Wirtschaftlichkeit! Allerdings können diese von einem Pächter, der die Anlage nur bauen will und dann weiterzieht, ignoriert werden und ein solcher Bieter wird auch Pachtverträge mit überzogenen Forderungen eher unterschreiben als einer, der an langfristiger Rentabilität interessiert ist.
  • Käufer auch für ungünstig kalkulierte Windparks finden sich immer in Form von großen Fonds, die genügend Eigenkapital aufbringen, um auch langfristige Flauten abzufangen. Die Akzeptanz bei den Bürgern fördern solche Modelle sicher nicht! Daher ist es nicht nur „wünschenswert“, sondern bitter notwendig, dass die genannten Forderungen und Kriterien endlich verbindlich und messbar in den Vergabeprozess einfließen!
  • Um eine bürgernahe und kommunenfreundliche Projektentwicklung von Windparks zu gewährleisten, müssen daher die Pachtverträge – bis hin zu Sanktionszahlungen bei Nichterfüllung – so gestaltet werden, dass nur ein Unternehmen diese unterschreiben wird, welches die zugesagten Leistungen Bürgerbeteiligung, Standorttreue und langfristiger Betrieb auch einlösen will!
  • Wie es nicht sein soll, zeigt das Beispiel „Bürgerwind Gaishecke“ zwischen Heringen, Friedewald und Wildeck: Im Zuge des „Last-Call“-Verfahrens, bei dem Hessen-Forst die Bieter in einer zweiten Runde zum „Nachbessern“ der Angebote aufforderte, erhielt der Interessent mit dem höchsten Pachtangebot den Zuschlag. Dieser machte im Anschluss deutlich, dass ihm eine Bürgerbeteiligung nach bewährtem Modell, nämlich durch Bürgerenergiegenossenschaften, zu aufwendig sei. Die Anlagen sollten bis Ende 2015 ans Netz gehen. Geschehen ist bisher allerdings noch nichts. Möglicherweise liegt dies daran, dass das Projekt unter den gegebenen Umständen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben ist und nun durch eine unnötige Fokussierung auf die Pachteinnahme nennenswerte Einnahmen für die Kommunen und interessierte heimische Bürger entfallen.
  • siehe auch Bericht in der HNA vom 09.01.2016: HNA_20160109-Pflicht statt Absichtsprosa